Es war also vor ca. einem Jahr als ich mich das erste mal zur Schmittenhöhe ins Pinzgau aufmachte! Um gleich irgendwelche Spekulationen vorweg zu nehmen, ich bin natürlich nicht alleine hingefahren, sondern unter erfahrener „Aufsicht“. Endlich an der Bahn in Zell am See angekommen waren gleich mal 18 Steine für die Auffahrt fällig :o) Für einen Studenten wie mich keine Kleinigkeit, zumal ich ja noch nicht mal wusste ob ich nicht gleich

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wieder am Landeplatz stehen würde als Streckenneuling. Ein wenig beruhigen konnte ich mich, als ich erfuhr dass man bei der 2. Auffahrt (wenn man schon ein Ticket des gleichen Tages vorweisen konnte) „nur“ mehr 9 Euro berappen muss. Ein Problem bleibt allerdings. Man muss erst mal vom Landeplatz wieder zur Bahn kommen … Naja egal, erstmal rauf und alles weitere wird sich zeigen. Es war ein sehr guter Tag vorrausgesagt und auch die 2 Tage davor waren bereits (laut Auskunft von Fliegerkollegen) hervorragend gewesen. Basis bei 3500m und Steigwerte um di 5m/s. Das flößte mir schon ein wenig Respekt ein. Ich war noch nie vorher so hoch geflogen und schon gar nicht bei so einer tollen Wolkendecke und jede Menge Wattebauschen die ordentlich „sogen“.
Da wie bereits erwähnt allerfeinste Streckenflugbedingungen herrschten, waren wir alles andere als alleine! Es tummelte sich eine Hundertschaft von Piloten am Startplatz! So ein Gedränge hatte ich noch nie erlebt. Alle hochprofesionell ausgerüstet und ganz gierig auf den Start … ich als mittlerweile etwas eingeschüchterter Anfänger mittendrin. Mittendrinn heisst nicht inmitten von lauter Fetzenfliegern, sondern inmitten von so ziemlich allen Fluggeräten die man so kennt. Drachenflieger trugen ihre aufgebauten Geräte über die geduckt zur Seite springenden Fetzenflieger hinweg zum Start, in der Luft wimmelte es bereits von Aluminium, Karbon, Ripstop Tüchern ect.
Hatte ich vorher noch nie einen Atos live gesehen, waren jetz gleich mehrere davon in der Luft, wie ich später noch einige an mir vorbeihuschen sehen würde. Die überwiegende Mehrheit der anwesenden Piloten sprach einwandfreies Deutsch nach der Schrift wie sie im Duden steht. Es waren auch einige „Factory Teams“ anwesend wie man an den Transportern am Parkplatz vor der Seilbahn feststellen konnte. Was mach ich n00b eigentlich hier??

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Achso, ja genau, Ausrüstung auspacken. Nein, zuerst noch mal schnell „Schisspissen“ gehen. Macht einen ja echt fertig dieser Auflauf am Startplatz. Also packe ich nach der kleinen Erleichterung meine Sachen aus und ziehe mir meine bald „Streckenfliegerklamotten“ an. Es ist kaum ein freier Flecken zu finden an dem man seinen Schirm ordentlich auslegen könnte und in Ruhe die Leinen sortieren. Von Ruhe kann sowieso nicht die Rede sein. Ich bin einigermaßen nervös, weiss ich ja nicht genau was mich erwartet. Auf alle Fälle weiss ich es erwartet mich ein voller Luftraum nach dem Start, ordentliche Steigwerte und einige Wolken die zusätzlich Respekt einflößen.
Ich finde also ein Plätzchen um meinen Schirm auszulegen. Ich sortiere die Leinen eher halbzerzig damit ich nicht unangenehm auffalle und den Startplatz zu lange beanspruche. Einen so gekonnten Start wie die Cracks „Schirmkneul hinschmeissen, rückwärts lässig aufziehen, ein wenig korrigieren, abheben“ beherrsche ich noch nicht. Also ein ganz gewöhnlicher, dafür aber sicherer, Vorwärtsstart. Ein hastiger Kontrollblick und ein paar schnelle Schritte und ich bin in der Luft. Doch was ist das??? Die rechte Bremsleine ist um ein paar cm kürzer als die linke!! Als ich nach oben schaue, sehe ich dass Murphy wieder mal voll zugeschlagen hat!! So ein Mist!! Das fängt ja schon gut an denke ich mir. Ich hab einen ganz kleinen Verhänger in der rechten Bremsspinne, da hat sich eine Gabel verhakt. Das Resultat ist ein kleiner aber feiner Knick in der rechten Hinterkante. Kaum 20 cm breit aber es reicht um bei beidseitiger „Skistockmethode“ und symetrischer Armhaltung den Schirm leicht auf die rechte Seite ziehen zu lassen. Ich versuche also den Verhänger rauszuschütteln. Keine Chance! Wird eher fester, bzw. es ändert sich rein gar nichts. Ganz kurz spiele ich mit dem Gedanken landen zu gehen. Als ich mich jedoch umschaue und die ganzen Schirme das Pinzgau runterfliegen sehe und an die 18 Euro Bahngeld denke, verwerfe ich diese Idee sogleich wieder. Viel zu Schade wäre der Tag, nur wegen dem blöden Murphy!  Dass der Verhänger nicht sicherheitsrelevant ist weiss ich von Anfang an, es beunruhigt mich jedoch schon, ausserdem möchte ich ja auf Strecke gehen und ordentlich kurbeln können! Als Problemlösung entscheide ich mich auf der linken Seite den Bremsgriff wie einen Skistock zu nehmen (so wie ich es gewöhnt bin) und auf der rechten, verhängten Seite einfach ganz normal. Das haut auch einigermaßen hin, ich kann so zumindest beide Arme in gleicher Höhe halten und der Schirm fliegt dabei geradeaus.
Nachdem ich bezüglich meines Missgeschicks mit mir im reinen bin reisst mich aus der Grübelei gleich die Tatsache dass es eher bergab als bergauf geht! Es hat gerade ziemlich abgeschattet und alle die gerade gestartet sind kratzen vorm Lift herum und versuchen den Hausbart zu finden. Ich komme immer tiefer und bin schon deutlich unter „Liftstationniveau“ im Kessel. Als ich mich so umsehe befällt mich augenblicklich die Angst ich könnte der erste und einzige sein der heute vorzeitig landen gehen muss, während alle anderen munter und fröhlich die „große weite

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Welt“ des Pinzgau erkunden. Nur nicht diesen tollen Tag verschenken! Schon gar nicht die 18 Euro für den Lift mit Anfängerfehlern verbocken! Also entscheide ich mich ein bisschen mehr Risiko zu nehmen und fliege bis auf 5m an die Bäume im Kessel heran und sieh da, es funtioniert. Langsam aber sicher spült es mich wieder nach oben und über Grat kann ich beginnen einzukreisen. Zuerst zeichne ich noch Ostereier in den Himmel mit meiner komischen „Bremseinstellung“, hab mich aber bald daran gewöhnt und beginne ordentlich zu kurbeln. Es geht zwar immer noch zäh wegen der Abschattung aber zu meiner Beruhigung haben auch andere ihre Mühe. Als ich endlich die Basis erreiche trödle ich noch ein bisschen rum. Ich lass meine Kollegen vorraus fliegen um zu sehen wo ich hinmuss wenn ich den Startberg verlassen. Als die beiden dann am nächsten Buckel wieder aufdrehen, entscheide ich mich entgültig für den Start in die Strecke.
Da ich mich ja gleich wie ein Profi anstellen will, fummle ich mir mal den Beschleuniger her und möchte zum nächsten Bart „Gas geben“. Tja, Murphy hat mich fest im Griff! Als ich reintreten will ein kurzes „zack“ und der Knoten vom Beschleuniger an der ersten Sprosse geht auf! Wahhhh, schön langsam könnt ich echt sauer werden! Hab den Knoten nicht mal selber gemacht, kam so ab Werk!! So ein Mist. 30 Teuro das Ding und nicht mal ein ordentlicher Knoten dran! Also ohne Beschleuniger weitergetuckert. Der hing von nun an nur mehr auf einer Seite runter … Jetz schau ich mich mal ordentlich um. Der Luftraum wimmelt nur so von Fluggeräten! Alles da was Gott verboten hat! Die Starrflügler sehen wirklich verdammt elegant aus in der Luft, und schnell sind die Dinger … und ich bin ohne Beschleuniger als Treibanker unterwegs … Segelflugzeuge überall. Manchmal taucht einer aus den Wolken auf, manchmal schiesst auch nur ein Drachenfliger aus derselbigen. Ich hoffen die wissen was sie tun, sieht jedenfalls beunruhigen aus, das Innenleben dieser Wolken! Naja ich hab genug arbeit mit mir selbst. Wenn mich einer über den Haufen fliegt, Pech gehabt … würde gut zum Rest passen …
Ich komme also am nächsten Buckel an. Die Abschattung macht mir auch hier zu schaffen. Ich komme recht tief an und muss wieder die Nähe zum Hang suchen um aufzudrehen. Ich bin kanpp unter Gratniveau. Zwei Segelflugzeuge haben das gleiche Problem und wir drehen im selben „Bart“. Zum Glück haben die einen wesentlich größeren Wendekreis und so kommen wir uns nicht zu nahe.
Der Bart zieht nach oben hin immer besser an und mit 5m/s gehts in richtung Wolken. Als diese mir immer näher kommen höre ich vorsichtshalber mal auf zu kurbeln. Die Dinger über mir sind doch ziemlich respekteinflößend und dunkel sind sie auch schon an der Unterseite. Ich höre also auf zu kurbeln aber es geht immer noch zugüg nach oben. Etwas sehr ungewohntes für mich und ich bekomme immer mehr Respekt. Die Wolkendecke ist schon so nahe gekommen dass ich die Wolken bereits riechen kann. Es riecht wie an einem sehr nebligen Tag. Ich schaue mich hektisch um und sehe dass der Rand der Wolkenstrasse nicht allzuweit entwert in Talmitte ist. Also schnell Ohren angelegt und in richtung Talmitte geflogen. Gottseidank! Das Steigen nimmt ab! Auch sehe ich den blauen Himmel wieder über mir.
Von jetzt an geht es zügig und zu meinem Erstaunen sehr entspannt in Richtung Paß Thurn. Ich fliege immer am Rande der Wolkendecke. Zeitweise mit leichtem sinken, dann wieder in einem Nullschieber oder leichtem Steigen. Wenn ich mal 200m verbraten hatte kurve ich ein bisschen mehr unter die Wolken und es geht schon wieder nach oben. Wirklich genial! So fliege ich im zickzack und bester „Talmittefliegermanier“ durchs Pinzgau rauf zum Paß Thurn. Mittlerweile kann ich es richtig genießen. Kein Aubsauf- und kein Einsaugstress mehr. Auf beiden Talseiten sind viele Gleitschirme unterwegs und auch vor mir sind die Bärte eigentlich immer von anderen Fliegern markiert.

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Als ich kurz vorm Paß Thurn bin, hole ich Franz meinen „Guide“ wieder ein. Wir drehen beide mit schöner Höhe herum, können aber kein richtiges Steigen mehr finden. Die Wolkenstraße reisst hier abrupt ab, über dem Paß und weiter hinten ist keine einzige Wolke zu sehen. Der Nordwind ist also doch schon ziemlich stark und hat die Thermik verblasen. Über den Paß Thurn wäre wohl eine knifflige Aufgabe. Franz ruft mir irgendwas zu und fuchtelt mit den Armen herum. Ich kann ihn leider nicht wirklich verstehen. Ich deute aber seine Gesten als „kehren wir wieder um“. Nach der vielen Aufregung bis jetz, für einen Neuling wie mich, finde ich das gar keine schlechte Idee. Ich drehe also um.
Jetzt gehts also eine bereits bekannte Strecke zurück. Das macht gleich noch einmal viel entspannter. Ich wende wieder meine „zickzack talmitteflieger“ Methode an und mache mich auf den Rückweg.
Was mich wirklich beruhigt und mir das Pinzgau sehr sympatisch macht ist die Tatsache dass ich im Tal lauter grüne, saftige Wiesen sehe die alle für Notfälle oder blöde Anfängerfehler total entspannte Aussenlandemöglichkeiten bieten. So tuckere ich zurück in richtung Schmittenhöhe. Ich genieße das fantasitsche Panorama dass sich einem aus fast 3000m höhe bietet! Einen kurzen Schreckmomenent gibt es nur als ich durch einen 10m/s Bart fliege. Der Bart trifft mich wie ein Kinnhaken, es schnalzt richtig im Segel und das Vario spielt verrückt! Ich fliege jedoch nur durch und nach wenigen sec. ist der ganze Spuk auch schon wieder vorbei. Als ich vor lauter sightseeing auf 2300m gesunken bin suche ich nach einem Bart. Jetzt nur nicht vor lauter unkonzentriertheit zu tief sinken und dann in den Abschattungen absaufen! Ich besinne mich auf meinen angelesenen „Wissensschatz“ und suche nach einer Thermik verdächtigen Stelle auf den Bergrücken. In ein paar hundert Meter Entfernung sehe ich eine abgeholzte Waldfläche. Nach meinem Wissensstand müsste das eine günstige Stelle sein. Also fliege ich drauf zu und es geht auch prompt nach oben. Etwas bockig aber dafür umso schneller. Ich kann sogar das frisch geschlägerte Holz riechen obwohl ich über 1000m höher bin! Wieder genügend Höhe fliege ich weiter richtung Landeplatz. Wäre er nicht so gut von allerlei landendem Fluggeärt markiert hätte ich ihn vermutlich nicht so leicht gefunden, sind ja schließlich lauter Wiesen und ich hab ihn noch nie von der Luft aus gesehen. Die Landeeinteilung passt und ich setze sanft auf der grünen Wiese auf. Es ist verdammt heiss hier herunten! Oben war es schön kühl und angenehm! Ich lege meinen Schirm am Rande der Wiese ab und zieh mir meine mittlerweile Streckenfliegerklamotten aus. Ein bisschen stolz zugegeben. Es war doch noch ein versöhnlicher Abschluss für die anfänglichen Mißgeschicke.
Das anschließende Bier und Schnitzel schmeckt so gut wie schon lange nicht mehr. Natürlich sitzen lauter Flieger im Gastgarten und man hört zahlreiche Heldengeschichten. Auch weniger erfreuliche Geschichten sind dabei, von Retterabgängen ect.
Franz landet erst 2,5 Stunden später, er hat noch das eine oder andere Seitental ausprobiert. Er verrät mir auch was er mit seinen Zurufen und Gesten gemeint hatte: Er wollte mit mir die Talseite wechseln. Naja, egal fürs Erste. Es war ein toller Flug und ein aussergewöhnliches Erlebnis in meiner jungen Fliegerkarriere.

Es war keine große Strecke, aber für einen Anfänger eine umso schönere!

viele schöne Flüge!

lg, Stefan Hofbauer